Seit Anfang des Jahres wird auf dem Gelände des Kinder- und Jugendhospizes die Geschwisterinsel gebaut. Begleitet wird dieses spannende Bauvorhaben von Bauberater Frank Deitschun.
Herr Deitschun, Sie begleiten den Bau der Geschwisterinsel von Beginn an. Was macht dies für Sie so besonders?
Das Besondere an diesem Bauvorhaben ist, dass ein nicht mehr genutztes Gebäude einer neuen Nutzung zugeführt wird. Dies passt wunderbar ins Angebot des Kinder- und Jugendhospizes. Mit Blick auf den Gedanken der Nachhaltigkeit finde ich es gut, dass dieses Gebäude nicht einfach abgerissen, sondern umgewandelt wird.
Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit dem Hospizteam?
Das macht richtig Spaß! Es ist toll, die unterschiedlichen Blickwinkel und Ideen für die Geschwisterinsel umzusetzen - ein gemeinsamer Planungsprozess mit einem gemeinsamen Ziel. Von der Ursprungsidee haben wir uns deutlich weiterentwickelt. Als Beispiel nenne ich die Küche: Der erste Gedanke war eine Einbauküche, mittlerweile haben wir uns für eine Kochinsel entschieden. So können Kinder und Mitarbeitende gemeinsam kochen und in Gesellschaft das Ergebnis, zu dem jeder seinen Teil beigetragen hat, genießen.
Was für Herausforderungen gilt es bei dem Bau zu beachten?
Das Gebäude war bislang ein Technikgebäude und ein richtiges Stahl-Beton-Skelett. Jetzt wird es ein Ort der Begegnung und des Lebens. Dies ist ein Prozess, in den sich viele Menschen mit ihren individuellen Stärken und Ideen einbringen.
Wie kann man sich die Insel in etwa vorstellen?
Jeder, der die Insel betritt, wird begeistert sein von der Größe und Weite der Räumlichkeiten. Das Gebäude wird von Licht durchflutet sein und eine unglaubliche Wärme ausstrahlen. Konkret wird es einen Bewegungsraum, eine Leseecke, die besagte Kochinsel, einen Rückzugsraum für Geschwister und Mitarbeitende, sanitäre Anlagen und Lagerräume geben. Selbstverständlich ist die Geschwisterinsel barrierefrei, so dass erkrankte Kinder und ihre Brüder und Schwestern hier gemeinsam spielen können.
Worauf freuen Sie sich am meisten?
Ich freue mich ganz besondere auf den Moment, in dem die ersten Kinder an der Tür ihre Schuhe ausziehen und hier spielen und toben. Auch, wenn sich die Geschwisterarbeit im Kinder- und Jugendhospiz immer weiter entwickeln wird, wird sie an dieser Stelle so ein bisschen runder. Außerdem freue mich schon sehr, wenn die ersten Menschen, die sich von der Insel vorher keine Vorstellung machen konnten, von diesem besonderen Ort begeistern lassen.
Möchten Sie den Bau der Geschwisterinsel unterstützen? Dann klicken Sie hier.
Unser Kinder- und Jugendhospiz feiert in diesem Jahr sein 5-jähriges Bestehen. Ein junger Geburtstag in einer ebenfalls jungen Stadt, deren Gründung sich in 2019 zum 150. Mal jährt. Hier in Wihelmshaven sind wir zu Hause und hier geben wir unseren schwerstkranken jungen Gästen, ihren Eltern und Geschwistern bei ihren Aufenthalten ein Gefühl von zu Hause. Dieser ebenso anspruchsvollen wie besonderen pflegerischen und betreuerischen Aufgabe kommen die in unserem Kinder- ubnd Jugendhospiz haupt- und ehrenamtlich tätigen Menschen seit nunmehr fünf Jahren mit viel Engagement Tag für Tag nach. Darum möchten wir auch an mehreren Tagen dieses Jahres unsere Arbeit darstellen. Zum Beispiel mit vielfältigen Aktionen und der Teilnahme am Stadtgeburtstag. Zu unserem Geburtstag wünschen wir uns viele weitere Unterstützer, Gönner, Sponsoren und Spender. Zum Wohle unserer lebensverkürzend erkrankten Kinder.Feiern Sie mit uns, Sie sind herzlich eingeladen.
Durch Gerüche werden Gefühle ausgelöst - das erlebt Dagmar Jack immer wieder. Seit dem sie im Kinder- und Jugendhospiz Joshua tätig ist, wendet sie bei den jungen Gäste immer wieder Aromapflege an. Was für viele Menschen im ersten Moment als Wellnessanwendung wahrgenommen wird, unterstützt die Symptomlinderung der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. "Viele der jungen Menschen haben oft kalte Hände, sind unruhig oder leiden unter Verstopfungen", sagt die gelernte Kinderkrankenschwester. Neben der Medikation kann die Aromapflege das Wohlbefinden und die Lebensqualität der jungen Menschen steigern. "Wenn einer unserer Gäste immer kalte Hände hat, können wir z. B. mit wohltuenden Wickeln, erwärmenden Bädern oder auch Einreibungen helfen. Hierzu verwenden wir hochwertige Öle, Salben oder Cremes", erzählt sie. Welcher Duft dabei verwendet wird, bestimmen die jungen Gäste mit. Für Dagmar Jack ist es auf jeden Fall wichtig, dass sie sich eng mit ihren Kollegen und den Eltern austauscht: "Wir müssen neben dem medizinischen Aspekt auch die emotionale Seite beachten: Gerüche lösen Erinnerungen aus. Wenn ein Gast mit einem bestimmten Geruch schlechte Erfahrungen gemacht hat, kann ich mit einer gut gemeinten Anwendung negative Gefühle auslösen." So sei es wichtig, dass sie über die Krankengeschichte informiert, aber auch in einem engen Austausch mit den Eltern ist - diese sind die Experten für ihr Kind. Auch können sie gemeinsam mit den Pflegefachkräften am besten beurteilen, wann die Anwendung in den Tagesablauf passt. "Wenn die Aromapflege auf den Gast beruhigend wirken soll, macht es keinen Sinn, die Anwendung in die Morgenstunden zu legen. Das passt eher in den Abend."
Gerne erinnert sich Dagmar Jack an die Anwendungen mit Alena. Die junge Dame liebt Aromapflege und vor allem Hand- und Fußmassagen. "Jedes Mal, wenn ihr etwas besonders gut gefällt, zeigt sie mit dem Daumen nach oben und lacht", sagt Dagmar Jack. "Das ist für mich großes ein Geschenk."
Doch auch für die Eltern ist die Aromapflege eine Chance, ihrem Kind ganz nahe zu sein und beide Seiten zu stärken: "Wenn eine Familie erfährt, dass ihr Kind unheilbar krank ist, ist sie erst einmal überfordert. Ich kann mich gut an ein Elternpaar hier im Haus erinnern, für das die Diagnose noch ganz frisch war und das verunsichert war, wie sie ihr Kind nun berühren soll. Hierfür habe ich mir viel Zeit genommen und Mutter und Vater unterstützt, die Berührungen für sich und ihr Kind als etwas ganz positives wahrzunehmen." Viele Familien, die sie im Kinderhospiz anleitet und über die Aromapflege informiert, profitieren von ihrem neu gewonnen Wissen auch zu Hause.
Aromapflege ist ein wichtiger Bestandteil der Hospizarbeit, so dass auch die Kollegen von Dagmar Jack angeleitet wurden. Viele von ihnen setzen sich mit diesem Angebot intensiv auseinander und fragen nach Anregungen, um das Wohlbefinden der jungen Hospizgäste zu steigern. Dagmar Jack: "Ich freue mich, dass dieser besondere Bereich so positiv wahrgenommen wird. Vor allem freue ich mich aber, dass ich unseren jungen Gästen und auch ihren Familien ein Stück Lebensqualität schenken kann."
Aromapflege wird komplett über Spenden finanziert. Wir freuen uns, wenn Sie diesen wichtigen Bereich unserer Arbeit unterstützen.
Rituale geben Familien oft Halt in den für sie schweren Zeiten. Mit dem Ritual "Ankommen und wegfliegen" begleiten wir die Familie auf ihrem Weg.
Jeder, der das Kinderhospiz betritt, wird im Windfang von dem Strahlen vieler Kristalle begrüßt. Diese werden während des ersten Besuches von unseren jungen Gästen und ihren Familien ausgesucht. Jeder Kristall ist so einzigartig wie die uns anvertrauten Kinder und haben eine besondere Bedeutung: "Wenn auf die Kristalle Licht fällt, wird dieses gebrochen und steht symbolisch für das Leben, das bei uns Kinderhospiz stattfindet", erklärt Hospiz-Geschäftsführung Irene Müller.
Ein paar Schritte weiter, im Flur in der unteren Etage, entdecken die Besucher viele verschiedene, liebevoll gestaltete Bilderrahmen mit dem Hand- oder Fußabdruck der erkrankten Kinder. Diese sind mit kleinen Muscheln, Treibholz, Gräsern, aber auch kleinen Sternchen geschmückt. "Die jungen Menschen hinterlassen Spuren - dies möchten wir hiermit symbolisieren", so Irene Müller. Einige Kinder können den Bilderrahmen mit gestalten, bei anderen übernehmen dies Mama und Papa, die Geschwister oder auch Oma und Opa. Den Hand- oder Fußabdruck entnehmen die Pflegefachkräfte. Bei manchen Kindern geht dies an der Hand am besten, bei anderen wiederum ist der Fuß hierfür besser geeignet - je nach Erkrankung und Beeinträchtigung, z. B. durch eine Spastik. Zwischen den Bilderrahmen fallen den Besuchern sofort Federn mit den Namen von Kindern auf. Diese erinnern an die verstorbenen Kinder. Wenn ein junger Mensch bei uns im Hause verstirbt, überreichen wir den Familien den Bilderrahmen oder stellen ihn in den Abschiedsraum, bis die Familie bereit ist, ihn an sich zu nehmen. Familien, deren Kind zu Hause verstirbt, überreichen wir den Rahmen in liebevoller Atmosphäre beim Erinnerungstag. Einige von ihnen verspüren aber bereits vorher den Wunsch, den Rahmen in den Händen zu halten und reisen aus ganz verschiedenen Teilen Deutschlands an, um ihn abzuholen und ihrem Kind nah zu sein. Bekommen wir die Nachricht, dass ein junger Mensch verstorben ist, hängen wir die Feder für ein Jahr an den Platz des Bilderrahmens. "In diesem Jahr verändert sich die Trauer der Familie. Sie durchlebt noch einmal alle Jahreszeiten, Feiertage und Geburtstage - Momente, die sie gemeinsam mit dem Kind erlebt haben", so Irene Müller. Nach einem Jahr nehmen wir die Feder ab und sie wird von uns an ein Vogelhäuschen im Erinnerungsgarten gehängt. Dieses befindet sich dort umrankt von rosé farbenen Kletterrosen an halbkreisförmig angeordneten Holzstehlen und wird gemeinsam von der Familie sowie haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden im Erinnerungsgarten aufgehängt. Jedes Kind, das im Kinder- und Jugendhospiz verstirbt, bekommt ein eigenes Vogelhäuschen, das sich die Familie selbst aussuchen und gestalten darf. Erfahren wir vom Tod eines Gastes in seinem häuslichen Umfeld, hängen wir die Feder nach einem Jahr an das große Vogelhäuschen "Für alle Kinder in unseren Herzen".
"Bei uns im Hause ist vor einiger Zeit ein Mädchen verstorben, das ein großer Fan von der Eiskönigin war. Ihre Familie hat das Vogelhäuschen mit Figuren rund um die Geschichte von Anna und Elsa gestaltet", sagt Irene Müller. "Oftmals bleibt zwischen den Eltern oder Geschwistern und dem verstorbenen Kind außerdem etwas unausgesprochen. Mit dem Vogelhäuschen möchten wir die Familien dazu einladen, dem Kind das Unausgesprochene mitzuteilen", so Irene Müller weiter. "Und wir glauben alle fest daran, dass die Vögel, die manchmal in den Vogelhäuschen brüten, die Briefe zu den Kindern in den Himmel bringen."
Der Erinnerungsgarten mit dem Vogelhäuschen ist für die Familien ein besonderer Ort. Eine Mutter hat sich einmal ganz spontan in ihr Auto gesetzt und ist drei Stunden nach Wilhelmshaven gefahren. "Sie hatte große Sehnsucht nach ihrem Sohn und das Bedürfnis, seinem Vogelhäuschen und somit auch ihrem Kind nahe zu sein", so Irene Müller.
Auch bei der Verabschiedung des verstorbenen Kindes aus dem Hospiz werden nach Rücksprache mit den Familien alle Menschen, die gerade bei uns im Haus sind, mit einbezogen. "Liebevoll wird der Abschiedsraum und der Weg nach draußen je nach Kind ganz individuell mit Kerzen, seinen Lieblingsspielsachen oder auch anderen persönlichen Gegenständen zusammen mit den Eltern gestaltet. Die Musik suchen die Zugehörigen aus", erklärt Irene Müller. "Gemeinsam begleiten wir den Sarg durch ein Kerzenmeer nach draußen."
Um den verstorbenen Kindern zu gedenken und den Gefühlen der Familien Raum zu geben, laden wir einmal im Jahr zu einem Erinnerungstag ein. Für die Brüder und Schwestern gab es im vergangenen Jahr außerdem das erste Mal ein Geschwisterwochenende. "Einige der Geschwister der verstorbenen jungen Menschen hatten den Wunsch, noch einmal im Kinderhospiz zu übernachten", sagt Irene Müller. "Sie wollten Erinnerungen teilen und an den ihnen vertrauten Orten noch einmal spielen, toben und basteln." Sie wurden von vielen Mitarbeitenden und Pony Lilly von der benachbarten Weide und Hund Jupp, der regelmäßig bei uns zu Besuch ist, begrüßt. Das Hospiz-Team hat ein tolles Frühstück, eine Rallye durch das Haus sowie ein Ausflug an den Strand vorbereitet. Hierfür wurde im Vorfeld von jedem Kind eine ganz persönliche Flaschenpost gestaltet. "Das war für alle sehr bewegend", sagt Irene Müller. "Die Geschwister haben sich hierfür viel Zeit genommen und eine Schwester schickte die Flaschenpost mit einer Botschaft für ihren verstorbenen Bruder auf die Reise." Begleitet wurde das Wochenende von fachlich ausgebildeten Mitarbeitenden.
"Wir möchten die uns anvertrauten Familien auf ihrem Weg ein Stück begleiten und ihnen Halt geben", sagt Irene Müller. "Bis jetzt haben wir zu unserem Ritual sehr positive Rückmeldungen erhalten, was mein Team und mich stolz macht und uns zeigt, dass wir hier die richtigen Entscheidungen getroffen haben."
Möchten auch Sie unheilbar erkrankte junge Menschen und ihre Familien in der für Sie schweren Zeit unterstützen? Dann klicke Sie hier.
"Es geht zum Friseur", hieß es für unseren Hospizgast M. Da der 16jährige nicht gerne zum Friseur geht, brauchte es zunächst intensive Überzeugungsarbeit, ihn zu einem Ausflug zu überreden. Was er nicht wusste: Es ging nicht zum Haare schneiden, sondern zum Kart-O-Drom nach Rastede. Einmal Kart zu fahren war sein großer Traum. Während der Busfahrt kamen M. jedoch schon erste Zweifel, was den Zielort betrifft. "Wenn es so lange dauert, hier zum nächsten Friseur zu fahren, dann werde ich einfach selber Friseur hier in Wilhelmshaven", sagte er mit einem Schmunzeln. Dass sich an diesem Tag sein langgehegter Wunsch erfüllen sollte, wurde ihm erst bewusst, als die Gruppe die Kartbahn erreichte. Er strahlte, denn er wusste, dass sich für ihn heute der Traum vom Kart fahren erfüllen würde.
Als M. die Halle betrat, waren die Mitarbeiter des Kart-O-Droms schon mit der Vorbereitung seines Karts beschäftigt. Nach einer kurzen Videoeinweisung ging es dann los. Zunächst wurde er von einem Mitarbeiter der Kartbahn begleitet, trat dann aber schon bald alleine ordentlich aufs Gaspedal und hatte großen Spaß dabei. Nach den ersten zwei Runden und einem ordentlichen Adrenalinschub legte er eine kleine Pause ein. "Möchtest du lieber aufhören?", fragte seine Mutter. Doch M. gab allen deutlich zu verstehen, dass der Spaß für ihn noch nicht vorbei ist. Er wollte unbedingt weiter fahren. So quietschten auch nach der Pause die Reifen wieder und mit jeder Runde wurde er schneller und lernte, immer besser mit dem Kart umzugehen. Nach seiner letzten Runde erhielt er eine Übersicht über seine Fahrzeiten und es wurden Fotos auf dem Siegerpodest gemacht.
"Ich habe versucht, jede Runde eine neue Höchstgeschwindigkeit zu erreichen. Und das habe ich auch geschafft", sagte M. stolz und überglücklich. Ähnlich ging es auch seinen Eltern, denen die Freude ins Gesicht geschrieben war. Zurück im Hospiz hat M. über den schönsten Friseurbesuch seines Lebens berichtet. Die Nacht über konnte er sich erholen und ein bisschen Kraft tanken. Dies war auch dringend notwendig, denn das Pädagogische Team plante bereits die nächste Überraschung: einmal mit dem Quad zu fahren. Bei strömenden Regen fuhr M. mit einem Teil des Hospizteams los und landete zunächst auf einem großen, matschigen Acker, der von einer Privatperson zur Verfügung gestellt wurde. Die Quadengel Ostfriesland, mit denen das Kinderhospiz seit mehreren Jahren zusammenarbeitet, waren schon vor Ort und haben alles vorbereitet. In die schwere Bikerkleidung gehüllt, hieß es für M. zunächst 'Learning by doing' und darin machte er sich richtig gut. Trotzdem machte ihm die Anstrengung zu schaffen, sodass er kurze Pausen einlegen musste, in denen er mit Sauerstoff versorgt wurde. Doch es ging weiter, denn M. hatte einen großen Spaß daran, die Reifen durchdrehen zu lassen und durch lautstarkes Hupen auf sich aufmerksam zu machen. Die Lösung für das Problem der Sauerstoffversorgung wurde gefunden, als sich M.´s Vater kurzerhand mit ihm auf das Quad schwang und die Sauerstoffzufuhr im Rucksack auf den Rücken schnallte.
Dann ging es richtig los. "Manno man, der gibt ja ordentlich Gas", sagte einer der Quadengel, der mit seinen Kollegen am Fahrbahnrand stand. Motoren heulten auf, Matsch spritze umher und M. befand sich mittendrin. Er strahlte übers ganze Gesicht. Jedenfalls bis er während eines Mitfahrerwechsels zum Stehen kam und an sich hinuntersah. Entgeistert blieb sein Blick an seinen neuen Schuhen hängen, die komplett in Matsch gehüllt kaum wiederzuerkennen waren. "Na toll, meine neuen Schuhe", sagte er und war sichtlich erleichtert, als ihm versprochen wurde, diese in der Waschmaschine sauber zu bekommen. Auch M.´s Mutter konnte schließlich überzeugt werden, einige Runden mit ihrem Sohn zu drehen, worüber er sich sehr freute. Aus seinem Gesicht las man Stolz und Freude über das Erlebnis. Bald stiegen einige Hospizmitarbeiter auf die Quads und drehten begeistert einige Runden. Alle Beteiligten waren am Ende des Tages durchgefroren, pitschnass und dreckig. Glücklich und zufrieden fuhren sie abends zurück ins Hospiz.
Heike Bartos ist seit Anfang an aktiv im Kinderhospiz - aber nicht alleine: Jeden Donnerstag kommt sie mit ihrem zwölfjährigen Pony "Lilly" ins Angelika Reichelt Kinder- und Jugendhospiz Joshuas Engelreich und bereitet unseren jungen Gästen und ihren Angehörigen ein paar unbeschwerte Augenblicke. Einfach mal das Pony streicheln oder eine Runde mit ihm über den Hof reiten - für unsere Gäste ist das ein großes Geschenk.
Ein Pony im Kinderhospiz - das ist nicht alltäglich. Wie kamst Du auf die Idee, mit Lilly vorbei zu kommen?
Lilly steht auf der Weide gegenüber vom Kinderhospiz. Daher war es für mich klar, dass ich sie in mein ehrenamtliches Engagement mit einbeziehen möchte. An der Situation an sich kann ich nichts ändern, aber gemeinsam mit Lilly möchte ich den Familien ein paar unbeschwerte Momente ermöglichen und ihnen helfen, ein bisschen Abstand zu ihrem Alltag zu gewinnen.
Wie kam der Kontakt zum Kinderhospiz zustande?
Ich bin einfach im Kinderhospiz vorbei gekommen und habe geklingelt. Nach einem ersten Gespräch sind zunächst Eltern und Geschwisterkinder zu Lilly und mir gekommen. Da waren die betroffenen Kinder jedoch meistens außen vor. Das wollte ich ändern und so kommen Lilly und ich nun einmal pro Woche vorbei.
Was erlebst Du im Kinderhospiz?
Es ist einfach schön, wenn ich mit Lilly um die Hausecke komme und das frohe 'Gequietsche' der Kinder höre. Da geht mir das Herz auf. Alle wollen Lilly streicheln und auf ihr reiten, aber keiner drängelt oder mault. Die Kinder freuen sich, wenn Mama, Papa oder die Geschwister mitreiten dürfen. Oder wenn Papa alleine reiten muss, weil er eine 'große Klappe' hatte. Besonders schön ist es zu sehen, wie Kinder, die krampfen auf meinem Pony entspannen, zur Ruhe kommen und auch mal los lassen können. Das erfüllt mich mit Freude und Stolz. Wundervoll wird es dann, wenn dann ein Kind losrennt und mir eine Blume als Dankeschön pflückt. Wenn ich am Donnerstagabend nach Hause komme, bin ich entspannt und zufrieden mit mir und der Welt. Der Donnerstag ist für mich eine feste Größe geworden, die ich nicht mehr missen möchte.
Auch über Deine Besuche mit Lilly hinaus bist häufiger im Hospiz, z. B. bei Festen oder der Praxisbegleitung. Wie fühlst Du Dich hier?
Ich fühle mich im Kinderhospiz wahrgenommen und akzeptiert. Auch der Vorbereitungskurs hat mir gut gefallen. Wir waren ein tolle Truppe und es hat mir großen Spaß gemacht. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er mir so viel gibt, auch was den Umgang mit meinem eigenen Leben betrifft.
Gibt es etwas, das Du Dir für Dein Ehrenamt für die Zukunft wünschst?
Meine große Leidenschaft ist das Kutsche fahren. In der Vergangenheit habe ich auch schon mal Familien mitgenommen, jedoch fehlt mir derzeit ein Beifahrer. Das wäre toll, wenn ich einen Beifahrer finden würde, mit dem ich gemeinsam die betroffenen Kinder und ihre Angehörigen mit auf eine Ausfahrt nehmen kann.
Über einen ganz besonderen Besuch freute sich im März das Angelika Reichelt Kinder- und Jugendhospiz Joshuas Engelreich: Carmen Hanken vom Hankenhof Gesundheits-Kompetenz-Zentrum in Filsum überreichte Pflegedienstleitung Sandra Ecke Holzpferd "Charly", das für therapeutische Zwecke genutzt werden kann. Bei einer anschließenden Führung durch das Haus, machte sie Hospizgast Alena eine große Freude: Alenas Mutter sprach Carmen Hanken an und erzählte, dass ihre Tochter ein Fan von Carmen und ihrem verstorbenen Mann Tamme sei und die Sendung auch regelmäßig im Fernsehen gucke. Daraufhin machte Carmen Hanken einen Abstecher in das Zimmer von Alena. Die 21jährige konnte dabei ihr Glück kaum fassen, sie jubelte und lachte über das ganze Gesicht - ein wahrer Gänsehautmoment. Alena und Carmen Hanken strahlten dabei um die Wette und zeigten mit nach oben gestreckten Daumen, wie groß auf beiden Seiten die Freude war.
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Seit fast zwei Jahren ist Fußballprofi Sebastian Polter Botschafter des Kinder- und Jugendhospizes. Dass ihm das Haus wirklich am Herzen liegt, zeigten seine Teilnahme am Hospiz-Spendenlauf, bei dem er zwölf Runden zurücklegte sowie sein Besuch zwei Tage vor der Veranstaltung. Mit dabei hatte der gebürtige Wilhelmshavener zahlreiche Geschenke wie handsignierte Trikots, Kuscheltiere und Schals. Außerdem nahm er sich Zeit für Gespräche und Fotos mit Gästen, Angehörigen und Mitarbeitern und schaute sich in Ruhe das Haus an. "Nachdem ich das Kinderhospiz zuletzt im Rohbau gesehen habe, freut es mich sehr, heute wieder hier zu sein. Es ist eine wirklich tolle Einrichtung, in der ich mich sofort wohl gefühlt habe. Von den Haupt- und Ehrenamtlichen bin ich herzlich empfangen worden und finde es toll, dass die Mitarbeiter so viel Einsatz zeigen", so Polter.
Sarah Engelhardt (l.) und Ines Diedrich haben im Sommer 2015 ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Kinderhospiz begonnen. Ein Jahr später blicken sie auf ihre Zeit in Wilhelmshaven zurück.
Im August 2015 habt Ihr Euer FSJ begonnen. Wieso habt Ihr Euch damals für ein FSJ im Kinderhospiz entschieden?
Ines Diedrich: Meine Nachbarin, die sich ehrenamtlich im Hospiz engagiert, hat mir viel über die Arbeit im Hospiz erzählt. Das hat mich neugierig gemacht. Eigentlich hatte ich damals vor, Pädagogik zu studieren. Als sich die Gelegenheit bot, habe ich mich aber erst mal für das FSJ entschieden.
Sarah Engelhardt: Für mich war es wichtig, dass ich während meiner Zeit als FSJlerin mit Kindern arbeite. Und da mich die Hospizarbeit schon immer interessiert hat, lag es nahe, dass ich mich hier bewerbe. Während meiner Zeit bei der evangelischen Jugend bin ich vielen Menschen mit verschiedenen Beeinträchtigungen begegnet und habe mich mit ihnen ausgetauscht. Dies hat mich in meiner Entscheidung bestärkt.
Mit was für Erwartungen habt Ihr angefangen?
Ines Diedrich: Natürlich bin ich davon ausgegangen, dass ich engen Kontakt zu den Kindern habe. Das meiste habe ich aber auf mich zukommen lassen.
Sarah Engelhardt: Ich habe mit verschiedenen Ängsten, z. B. vor der Konfrontation mit den Themen Tod und Sterben, angefangen. Ich war unsicher, ob ich dem gewachsen bin und ich mich hier auf Dauer wohlfühle.
Inwiefern wurden die Erwartungen erfüllt?
Ines Diedrich: Ich habe tatsächlich sehr eng mit den Kindern hier gearbeitet, z. B. in der Pflege, aber ich habe auch Kinder zur Reittherapie begleitet. Dass ich darüber hinaus einen so tiefen Einblick in die Arbeit bekomme, hat mich positiv überrascht.
Sarah Engelhardt: Ich habe nach kurzer Zeit gemerkt, dass meine Ängste unbegründet waren. Das Team hat viel aufgefangen und ich habe mich hier wohl gefühlt.
Was nehmt Ihr für Euch aus dem vergangenen Jahr mit?
Ines Diedrich: Ich habe tiefe Einblicke in das Arbeitsfeld der Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin bekommen. Das war auch der Grund dafür, dass ich mich für eine Ausbildung in diesem Beruf entschieden habe.
Sarah Engelhardt: Ich habe während meines FSJs viel im Umgang mit Tod und Sterben gelernt. Außerdem hat mir das Jahr gezeigt, wie viel Lebensqualität man einem erkrankten Kind geben kann.
Das Jahr ist vorbei – wie geht´s für Euch weiter?
Ines Dietrich: Am 1. Oktober beginnt meine Ausbildung im Klinikum Wilhelmshaven an. Von daher hat mich das FSJ für meinen beruflichen Weg nachhaltig geprägt.
Sarah Engelhardt: Nach meinem FSJ geht es für mich wieder zur Schule. Mein Schwerpunkt wird Wirtschaft sein.
Für Eure Zukunft wünschen wir Euch alles Gute.